Igeln richtig helfen

Gesunde Igel

Ein gesunder Igel nimmt bei ausreichendem Nahrungsangebot in einer Woche mehr als 50g an Gewicht zu. Dies sollten Sie berücksichtigen, bevor Sie einen Igel aus seinem natürlichen Umfeld herausreißen. Das heißt, dass der Igel, den Sie im September gefunden haben, im November ungefähr 250g schwerer sein und möglicherweise auch ohne menschliche Hilfe überleben wird.

Auf keinen Fall sollte man solche Tiere gleich ins Haus holen – auch nicht für kurze Zeit!
Um diese Jahreszeit einmal durch eine gleich bleibende Raumtemperatur von ca. 20 Grad verwöhnt, haben sie selbst bei ausreichendem Endgewicht kaum eine Chance mehr, in der freien Natur normal in den Winterschlaf zu gehen.

Es ist auch nicht unbedingt sinnvoll, einen gesunden, jungen Igel sofort zum Tierarzt zu bringen, um ihn routinemäßig einer Flohbehandlung und Wurmkur zu unterziehen.
Ein gesunder Igel lebt ohne Beeinträchtigung seines Wohlbefindens mit einem gewissen Parasitenbefall. Gesunde Tiere entwickeln mit der Zeit eine so genannte Altersresistenz. Dieser Prozess wird durch solche Routinebehandlungen gestört.

Spätestens nach seiner Freilassung wird der Igel wieder von allen seinen Parasiten befallen sein und dann stärker unter ihnen leiden als vorher. Natürlich ist es nicht schädlich, wenn man ein paar dicke Zecken absucht.
Obwohl Igel oft sehr schnell relativ zutraulich werden, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man sie keinesfalls wie ein Haustier halten kann und darf.

Der nachtaktive Igel hat einen sehr großen Aktionsradius und einen enormen Bewegungsdrang, dem auch ein großes Freigehege kaum gerecht werden kann. Nicht umsonst muß man es hoch genug (mindestens 60cm!) und ohne Klettermöglichkeiten einzäunen!

Wenn man eingesperrte, gesunde Tiere nachts beobachtet, wird man sehen, dass sie häufig am Zaun entlang laufen, sich an diesem aufrichten und einen Fluchtweg suchen.
Die oft als Mindestmaß angegebene Fläche von 2qm ist für einen gesunden Igel reine Tierquälerei, die nach längerer Zeit auch nicht ohne Gesundheitsschäden abgeht.

Die bessere Lösung:

Legen Sie in einer geschützten Ecke Ihres Gartens einen großen Laubhaufen an, decken Sie diesen zumindest teilweise mit einigen breiten Brettern ab, damit er bei Dauerregen nicht völlig durchnäßt. Ein solcher Haufen zieht (auch in der kalten Jahreszeit!) Asseln, Regenwürmer, Schnecken, Käfer und andere Beutetiere an. – Er bietet dem Igel nicht nur Unterschlupf sondern auch eine nicht so schnell versiegende Nahrungsquelle. Bieten Sie ihm dort zusätzlich etwas Katzenfutter (Dose), ungewürztes Rührei oder Igelfutter an. Beobachten Sie ob er frißt und wie er sich entwickelt. Wenn er munter ist und wächst, füttern Sie ihn, bis er sich zum Winterschlaf zurückzieht!

Kranke Igel:

Woran erkenne ich, dass es sich um ein krankes Tier handelt?

  • Der eigentlich nachtaktive Igel ist tagsüber auf Nahrungssuche. Versuchen Sie abzuklären, ob er möglicherweise von Hunden aufgescheucht oder sein Quartier z.B. durch Gartenarbeiten zerstört wurde!
  • Er rollt sich bei Berührung nicht ein.
  • Es ist eine Verletzung zu sehen oder man beobachtet Lähmungserscheinungen. Beide Symptome deuten auf einen Unfall oder vielleicht einen Hundebiss hin. Stellen Sie bitte sofort einem Tierarzt vor!
  • Er ist auffallend leicht für seine Größe.
  • Die Augen liegen tief oder sind halb geschlossen.
  • Er ist mit Eipaketen oder Maden von Schmeißfliegen behaftet. Das Vorhandensein dieser Schmarotzer deutet fast immer daraufhin, dass das Tier irgendwo eine Wunde hat oder schon im Verenden ist. Solche Tiere sollten sofort zum Tierarzt gebracht werden. Leider kommt in diesen Fällen oft jede Hilfe zu spät.
  • Seine Bauchdecke fühlt sich auf der Hand kalt an. Untertemperatur tritt meist in Kombination mit einem sehr geringen Muskeltonus auf. Das heißt, der Igel liegt relativ schlaff auf der Handfläche. Beide Symptome deuten auf eine sehr schwere Erkrankung hin, die schnell tierärztlich behandelt werden muss.
  • Es sind rasselnde, keuchende Atemgeräusche zu hören. Der Igel hustet und seine Nase ist verklebt. Bei diesen Symptomen ist an extremen Lungenwurmbefall eventuell in Kombination mit einer Lungenentzündung zu denken. Auch solche Tiere brauchen schnell tierärztliche Hilfe!

In jedem Fall sollten Sie bei der Überlegung, ob eine Behandlung und die Pflege eines kranken Tieres Erfolg versprechend ist, auf den Rat eines Fachmanns hören. Auch bei bester Pflege sterben die meisten schwer erkrankten Igel.

Pflege und Fütterung

Unterbringung

Kranke Tiere müssen bei Zimmertemperatur gehalten werden, damit sie nicht unnötig Kalorien verbrauchen, um ihre Körpertemperatur zu halten.

Solange sie sehr schwach sind und ohnehin keinen Bewegungsdrang haben, reicht zunächst ein großer rechteckiger Betonkübel für die Unterbringung. Legen Sie diesen mit Zeitungspapier aus und halten Sie Ihren kleinen Patienten peinlich sauber!

Als Futter- oder Wassernapf eignet sich ein flaches, schweres Gefäß.
Bieten Sie Futter in kleinen Mengen an und reinigen Sie die Näpfe vor jeder Fütterung mit heißem Wasser! Igel laufen über ihr Futter weg, verteilen es in der Umgebung und setzen auch im Futternapf Kot oder Urin ab.

Fütterung

Normalerweise sollte Igelkot geformt sein (kleine Würstchen). Kranke Tiere haben oft Durchfall. Bieten Sie deshalb als Getränk lauwarmen Fencheltee an. Bei normaler Verdauung genügt Wasser. – Auf keinen Fall Milch anbieten!

Als Futtergrundlage eignet sich Katzenfutter (Dosen- oder Trockenfutter) angewärmt, mit Haferflocken vermischt. Als Leckerei mit wenig Fett und ohne Gewürze zubereitetes Rührei, gekochtes Hühnerfleisch und natürlich das im Handel erhältliche Igelfutter als Beigabe.
Keine Milch, — keine rohen Eier!!!

Wichtig ist eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Entsprechende Präparate sind beim Tierarzt erhältlich. – Nicht überdosieren!

Sobald der Igel munterer wird, braucht er ausreichend Bewegung!

Wenn es draußen noch nicht zu kalt ist, ist die Unterbringung in einem Freigehege optimal. Die oft als Mindestmaß angegebenen zwei Quadratmeter werden dem Bewegungsdrang eines Igels nicht gerecht! Das Gehege sollte schon so groß wie möglich (mindestens 4qm) sein. Igel sind kleine Kletterkünstler! Der Zaun sollte engmaschig, mindestens ca. 60 cm hoch und gut im Erdreich verankert sein (ca. 15cm eingraben!). Einen Teil des Geheges sollte man abdecken und dem Igel dort aus Laub und Zweigen einen trockenen Schlafplatz anbieten.

In der kalten Jahreszeit sollte man dem Igel in einem temperierten (ca. 180 ) Raum eine möglichst große Holzkiste mit abwaschbarer Bodenfläche zurechtmachen, als Schlafhäuschen einen Karton hineinstellen und alles täglich frisch mit Zeitung auslegen. Im Schlafhäuschen zusammengeknülltes Zeitungspapier, Heu oder Stroh anbieten,( täglich wechseln!)

Auf keinen Fall Sägespäne, Katzenstreu oder ähnliche Materialien verwenden!

(Können leicht verschluckt oder versehentlich mit der Nahrung aufgenommen werden)

Hier einige leicht zu befolgende Ratschläge:

  •  Laubbäume oder Sträucher und einheimische Nadelgehölze, die allmählich zur Bildung einer Humusschicht beitragen, an Stelle von Koniferen pflanzen…
  •  den Rasen nur dort kurz mähen, wo man ihn als Sitz- oder Liegefläche nutzen will…
  •  Stellen Sie Vogeltränken auf, damit Kleintiere (auch Igel!) nicht in Ihrem Folienteich ertrinken, nur weil sie Durst haben, decken Sie Kellerschächte und ähnliche „Igelfallen“ ab. Falls Sie einen Teich haben, gestalten Sie eine Uferzone so flach, dass sich hineingefallene Tiere aus eigener Kraft retten können.
  •  Holzstapel, Stein- oder Reisighaufen bieten Igeln und ihren Beutetieren Unterschlupf bzw. Nahrungsquelle.
  •  Grünabfälle nicht komplett „entsorgen“ sondern irgendwo im Garten deponieren, wo sie das Gesamtbild des Gartens nicht stören, Laub einfach unter Hecken, Büsche etc. harken…

    Eine Schicht aus Laub und Tannennadeln, die später zu einer Humusschicht wird, ist auf Dauer ein idealer Lebensraum für Klein- und Kleinstlebewesen, die wir noch nicht einmal beachten, die aber vielleicht irgendwann die Nahrungskette nicht nur für den allgemein so beliebten Igel wieder schließen.