Keine Auslegung des A 14-Planfeststellungsbeschluss zu Pandemie-Zeiten!

Pressemitteilung von Susanne Bohlander, Stadträtin Hansestadt Seehausen

In Seehausen und Osterburg liegt vom 2. – 15.2.21 der Planfeststellungsbeschluss für die A 14 VKE 2.2 AS Osterburg bis AS Vielbaum aus. Die Seehäuser Stadträtin Susanne Bohlander hat sich an das Landesverwaltungsamt gewandt, mit der Bitte um Verschiebung dieser Auslegung. Aus folgenden Gründen:

„In Pandemie-Zeiten sollte das Landesverwaltungsamt nicht die gleichen Regeln anwenden wie in normalen Zeiten. Generell sind die Bürger durch die derzeit geltenden strengen Corona-Schutzbestimmungen dazu aufgerufen, zuhause zu bleiben und nur in dringenden Fällen das Haus zu verlassen. Wer sich diese Unterlagen ansehen will, muss sich jedoch in einen öffentlichen Raum begeben. Das aber kann von den Bürgern in diesen Zeiten nicht verlangt werden. Die Menschen haben berechtigterweise die Sorge, sich unterwegs zu infizieren. Und sie sind ja auch dringend aufgerufen, öffentliche Räume zu meiden.

Der Verweis auf die Unterlagen im Internet hilft nicht weiter. Die öffentliche Auslegung muss garantieren, dass alle Bürger die Möglichkeit haben, die Unterlagen in ausgedruckter Form einsehen zu können. Das ist auch leicht nachvollziehbar. Bei vermutlich 15 gut gefüllten Ordnern und einer großen Zahl an komplizierten Kartenmaterial müssen Laien, und darum handelt es sich bei den Bürgern, die Möglichkeit haben, die Unterlagen in ausgedruckter Form einsehen zu können. Besonders die Karten mit ihrem großen Datenvolumen erfordern eine leistungsfähige Internetverbindung und ein entsprechendes Endgerät. Beides kann nicht vorausgesetzt werden.

Warum nimmt das Landesverwaltungsamt nicht Rücksicht auf die schwierige Situation der Bürger im Lockdown? Es ist außerdem zu erwarten, dass die Corona-Verordnung in den nächsten Tagen noch weiter verschärft wird.

Die Rathäuser in Osterburg und Seehausen sind – als Maßnahme gegen die Pandemie, um die Zahl der Corona-Infizierten zu senken – für jeglichen Besucherverkehr geschlossen worden. Um die Infektionsketten im öffentlichen Raum und eine Ansteckung in Verwaltungsgebäuden zu verhindern, bittet die Verbandsgemeinde Seehausen auf ihrer Homepage eindringlich darum, nur zwingend erforderliche Termine persönlich wahrzunehmen. Das Landesverwaltungsamt fordert dagegen die Bürger auf, genau in diese Rathäuser zu gehen, weil die Behörde mitten in der schlimmsten Pandemiezeit diese Unterlagen auslegen will.

Besonders die zu den Risikogruppen zählenden Bürger, zu denen auch alle Menschen über 60 Jahre zählen, sind dringend aufgerufen, besonders vorsichtig zu sein und zuhause zu bleiben. Die berechtigten Ängste dieser Bürger werden vom Landesverwaltungsamt nicht zur Kenntnis genommen.

Was ist mit Bürgern, die in Quarantäne sind? Sie haben in dieser kurzen Zeit, die eine Einsichtnahme an lediglich 10 Werktagen ermöglicht, keine oder nur eine unzulässig eingeschränkte Möglichkeit der Einsichtnahme. In Seehausen sind es sogar laut Bekanntmachung nur sechs Werktage.

In der Bekanntmachung steht: „Sollte pandemiebedingt eine Einsichtnahme in den Auslegungsgemeinden nicht möglich sein, kann nach vorheriger telefonischer Absprache .. auch eine Einsichtnahme im o.g. Zeitraum im Landesverwaltungsamt vereinbart werden.“

Inwiefern ist das für Bürger, die pandemiebedingt nicht zum Auslegungsort in Seehausen oder Osterburg kommen können, eine Hilfe? Warum soll es für diese Bürger eine Erleichterung sein, stattdessen bis nach Halle zu fahren und sich dort in einen öffentlichen Raum zu begeben?

In Seehausen wird die Auslegung wohl im Ratssaal stattfinden, also in einem großen Raum. Allerdings weiß der Bürger, der dorthin kommt, nichts über den Gesundheitszustand der Menschen, die vorher dort saßen. Wie wird garantiert, dass die Unterlagen nicht infiziert sind, wenn der Vorgänger mit Speichel am Finger die Seiten umgeblättert hat? Er weiß auch nicht, ob und wie lange vorher gelüftet wurde.

Zum Planfeststellungsbeschluss gehören auch die Unterlagen des gesamten Planfeststellungsverfahrens. Beim Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Seehausen – Elbe waren das insgesamt 15 Ordner. Da derart viele Unterlagen und insbesondere das Kartenmaterial für Laien ohne bautechnische Vorbildung kaum verständlich ist, sollte ein Mitarbeiter des Bauamts für die Bürger als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dies ist jedoch für die Verwaltung vermutlich unter Corona-Bedingungen kaum möglich.

Hinzu kommt, dass die erste Auslegung der Planfeststellungsunterlagen schon sehr lange zurückliegt. Sie lagen 2014 das bisher erste und einzige Mal aus. Die ergänzende Auslegung im Juni 2019 betraf nur einige wenige ergänzende Unterlagen, nicht die Gesamtplanung. Die Einzelheiten der Planung dürften daher den wenigsten Bürgern noch bekannt sein. Ein Erörterungstermin fand nicht statt.

Wer erklärt den Bürgern diese Planung? Auch eine Informationsveranstaltung der Stadt wird unter den jetzigen verschärften Corona-Bedingungen kaum möglich sein.

Ich bitte daher um Verschiebung der Auslegung, auch in Anbetracht der weitreichenden Bedeutung dieser Unterlagen. Es handelt sich nicht um irgendein Ergänzungsverfahren, sondern um den Planfeststellungsbeschluss, und damit um die letzte Einspruchs-Möglichkeit der Bürger. Mit dem Planfeststellungsbeschluss beansprucht das Landesverwaltungsamt Baurecht für den Bau einer Autobahn durch den Seehäuser Wald und nahe der Ortschaften Zedau, Billerbeck, Schliecksdorf, Krumke, Krevese, Dequede, Röthenberg und Drüsedau. Damit sind viele Menschen in ihrem unmittelbaren Lebens- und Wohnumfeld betroffen.

Mit einer Verschiebung der Auslegung wirkt das Landesverwaltungsamt dem Eindruck entgegen, dass hier eine Planung ohne Rücksicht auf die corona-bedingte Ausnahmesituation durchgezogen werden soll. Sondern dass vielmehr auf die erschwerten Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger und der Kommunen Rücksicht genommen wird. Damit kann das Vertrauen der Bürger in Verwaltungshandeln und demokratische Entscheidungsprozesse gestärkt werden.“